//Motivation
Das Bishorn 4153m hatte ich vor einigen Jahren bereits einmal bottom-up begangen, damals allerdings im Skyrunning Stil und über den Sommerweg (Bericht). Da dieser viel kürzere Weg im Winter aber meist vereist und nicht ohne Schwierigkeiten begehbar ist, bleibt einem in der Regel nichts anderes übrig, als den beachtlichen Umweg über Le Vichiesso und Alp Arpitetta in Kauf zu nehmen.
Nun schien aber der Sommerweg bis auf den obersten Abschnitt schneefrei zu sein, und so plante ich über diese Variante anzusteigen. Für die steilen Schneefelder hatte ich schliesslich Steigeisen und Pickel dabei. Ich hatte mich dann trotzdem noch bei der Tracuithütte über die Verhältnisse informiert, und als mir der Hüttenwart von einer Begehung des Sommerwegs abgeraten hatte, liess ich mich für den Winterweg überreden und änderte im letzten Moment die Pläne. Ich nahm es sportlich, dann würde ich halt zuerst mal etwas joggen und dazu die Turnschuhe mitnehmen.
(Zinalrothorn 4221m)
//Tour
Etwas nach 5 Uhr bin ich mit montierter Stirnlampe in Zinal gestartet. Der Himmel war sternenklar und es war nicht allzu kalt. Beste Vorzeichen für einen grossartigen Tag. Wie gewöhnlich bei Skitourenrennen bin ich nicht spaziert sondern gerannt, so benötigte ich für die ersten 5 Kilometer entlang der Navisence bis zur neuen Brücke Pkt. 1908m nur gerade 40 Minuten. Den weiteren Fussanstieg bis zum Roc de la Vache Pkt. 2581m nahm ich dann etwas gemütlicher. Ab und an erschreckte ich einige Steingeissen oder Rebhühner (und sie mich), welche um diese Zeit für gewöhnlich noch nicht mit Eindringlingen rechnen mussten.
Bei Pkt. 2279m, kurz nach dem Verzweiger zur Cabane Arpitettaz, leistete ich mir einen kleinen Verhauer. Erschwert durch die Dunkelheit, schlechte Markierungen und viele Schneefelder folgte ich dem Weg geradeaus anstatt rechts hoch nach Tsijière de la Vatse Pkt. 2388m. Plötzlich befand ich mich in recht abschüssigem Gelände ohne Spuren, so schnell konnte es gehen. Hier bemerkte ich das Malheur aber rasch und hielt mich bergwärts, bis ich wieder auf den richtigen Weg gelangte. Weiter nun ohne Schwierigkeiten hinauf zum Roc de la Vache Pkt. 2581m.
Nun lachte mir die Sonne erstmals ins Gesicht. Es war überhaupt nicht kalt und immer noch windstill, ich hatte mir den richtigen Tag ausgesucht. Nachdem ich mich gestärkt, die Turnschuhe deponiert und auf Skimodus umgestellt hatte, konnte es schon bald weitergehen. Es folgte eine kurze Abfahrt (mit Fellen) hinunter zu Fluss, bevor es in leichter Steigung Richtung Tracuithütte ging. Ich fand nun auch eine gute Aufstiegsspur, welcher ich fortan folgte. Der Schnee war griffig und ich konnte bequem ohne Harscheisen ansteigen. Die letzten Meter zum Col de Tracuit 3250m waren etwas steiler, doch mit vielen Spitzkehren liess sich auch dieser Abschnitt gut bewältigen. Zuletzt blieb noch eine kurze Portage über die Felsen hinauf zum Pass. Die Tracuithütte 3256m war in wenigen Schritten erreicht.
Die Gäste waren bereits ausgeflogen, sie mussten sich schon auf halbem Weg zum Bishorn befinden. Ich nahm mir zu Ziel sie einzuholen. Ich verpflegte mich on-the-go mit einem Powerbar, und fellte schon bald über den Turtmanngletscher dem Bishorn 4153m entgegen. Rechterhand befand sich der Tête de Milon 3693m, dessen Gipfelflanke ebenfalls bereits angespurt war. Kurz überlegte ich noch, ob ich die Gelegenheit beim Schopf packen, und auf diesen Gipfel zusteuern sollte. Dieser fehlte mir noch im Palmares, während ich schon 2x auf dem Bishorn gestanden hatte. Ich liess es dann aber bleiben und konzentrierte mich auf das ursprüngliche Ziel.
Ich folgte der guten Spur flach über's Gletscherbecken, bevor sie leicht ansteigend zu Pkt. 3544m (Über den Mergasch) hochführte. Unterdessen konnte ich bereits einige Tourengruppen ausmachen. Es wurde nun deutlich kühler, doch bevor ich kalt hatte streifte ich mir die Mezzalama Polartec Jacke über. Gut isoliert konnte ich den Aufstieg fortsetzen. In konstantem aber nicht übertriebenem Tempo stieg ich dem Gipfel entgegen. Beim Skidepot hatte ich schliesslich auch noch die letzten Gipfelanspiranten eingeholt, und konnte schliesslich in bestem Trittschnee auf das Gipfelplateau aussteigen. Ich war am Ziel angekommen, von Zinal auf den Gipfel in 4 Stunden und 20 Minuten, ohne zu hetzen.
(Gipfelpose vor dem Weisshorn 4506m Nordgrat)
Die Sicht auf den Weisshorn Nordgrat war wie immer sehr eindrücklich. Vielleicht würde ich diesen Bergsteigertraum irgendwann noch verwirklichen können? Für den Abstieg zum Skidepot montierte ich trotzdem die Steigeisen, wenn ich sie schon dabei hatte. Die wenigen Meter sind einigermassen exponiert. Bei der Abfahrt über die Flanke ging ich recht vorsichtig ans Werk. Es waren zwar nur wenige Spalten sichtbar, trotzdem musste man am Bishorn acht geben, es kommt hier leider immer wieder zu Spaltenstürzen, besonders nach Neuschneefällen. Der untere Abschnitt war im gesetzten Pulverschnee dann recht schön zu fahren. Mit Schwung querte ich den Turtmanngletscher und war bald zurück bei der Tracuithütte 3256m.
Noch vor der Hütte hielt ich mich nach Süden und fuhr die steilen Hänge ins Tracuit Becken hinab. Der Schnee hatte leider noch nicht ganz aufgefirnt, aber das war mir heute einerlei. Mit Schuss hielt ich dem Roc de la Vache Pkt. 2581m entgegen, doch kam ich nicht umhin noch einmal die Felle zu montieren um den kleinen Gegenanstieg zu bewältigen, Prost!
Bei der Wechselzone angekommen gönnte ich mir nun doch eine längere Pause. Ebenso informierte ich die Familie, dass ich rechtzeitig fürs Mittagessen im Bergrestaurant Sorebois zurück sein würde. Anschliessend könnten wir dann gemeinsam noch etwas ausfahren auf den angesulzten Skipisten.
Nun galt es aber den Fokus zu behalten, es verblieben immerhin noch 1000hm Abstieg und 8km Fussmarsch zurück nach Zinal. Unterwegs kamen mir einige Tourengänger entgegen, sie schienen nicht sehr begeistert zu sein in Anbetracht der langen Portage hinauf zum Roc de la Vache. Ich war froh dass ich es bereits hinter mir hatte ;-). Auf den letzten Kilometern dem Fluss entlang und auf der Strasse musste ich dann ebenfalls beissen, doch ich hielt durch und konnte schliesslich zur Mittagszeit ins Ziel einlaufen. Mit Beine strecken war allerdings noch nichts, nun ging es direkt ins Skigebiet zum Alpin Skifahren...
//Fazit:
Bishorn 4153m bottom-up! Wie schon einmal im Sommer konnte ich nun auch eine tolle Winterbegehung an diesem Berg verbuchen. Ich hatte den perfekten Tag gezogen: Sonne satt, angenehme Temperaturen und kaum Wind, beste Voraussetzungen für einen 4000er. Die Schwierigkeiten der Tour liegen klar im Ausdauerbereich, technisch ist das Bishorn 4153m leicht zu haben.
(Wechselzone auf dem Roc de la Vache 2581m - Run 2 Ski)
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//Facts:
- Route: Zinal Poste - Le Vichiesso - Navisence Pkt. 1908m - Le Chiesso Pkt. 2082m - Tsijière de la Vatse Pkt. 2388m - Roc de la Vache Pkt. 2581m - Col de Tracuit Pkt. 3250m - Cab. de Tracuit Pkt. 3256m - Turtmanngletscher - Bishorn - Turtmanngletscher - Cab de Tracuit - Roc de la Vache Pkt. 2581m - Navisence Pkt. 1908m - Le Vichiesso - Plat de la Lé - Zinal Poste.
- Distanz: 32.3km
- Höhenmeter: 2700m
- Schnittpuls: 117bpm
- Maxpuls: 140bpm
- Verpflegung: 1 Gel, 1 Powerbar, 1l Iso
- Ausrüstung: Gletscherausrüstung
//Die Zeiten:
- Start Zinal Poste 1670m um 05:10 Uhr.
- Zwischenzeit Roc de la Vache Pkt. 2581m um 06:52 Uhr.
- Zwischenzeit Cabanne Tracuit 3256m um 08:00 Uhr.
- Ankunft Bishorn 4153m um 09:34 Uhr.
- Start Bishorn 4153m um 09:43 Uhr.
- Ankunft Roc de la Vache Pkt. 2581m um 10:26 Uhr.
- Start Roc de la Vache Pkt. 2581m um 10:46 Uhr.
- Ankunft Zinal Poste 1670m um 11:59 Uhr.
--> Total ohne Pausen: 6:15
--> Total mit Pausen: 6:49
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GPS-Tracks
Wegpunkte
Die Wegpunkte der gesamten Tour können hier heruntergeladen werden (gpx file).
Bemerkungen:
Am Bishorn lauern durchaus einige Spalten, nach Neuschnee sollte man etwas vorsichtiger ans Werk gehen und die Augen offen halten! Hier ein legendäres Video von einem Spaltensturz am Bishorn: klick!
Wenn im Frühling die höheren Alpengipfel locken, und man diese mit den leichten Rennski im Speed-Stil besteigen möchte, dann verwendet man von Vorteil ein tailliertes Fell und nicht die parallelen Standard-Rennfelle. Denn spätestens bei steilen Hangtraversen auf Hartschnee wird man mit den schmalen Fellen auf der Strecke bleiben respektive ins rutschen kommen.
Ich hatte mir dazu ein Pomoca Climb Pro (100% Mohair) angeschafft und gemäss untenstehender Video-Anleitung auf meinen Rennski angepasst. Zusätzlich hatte ich noch ein Top Fix Race System angenietet.