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 | Tourendetails Ritzlihorn 3282m |
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Tourenart | Alpine Skitour |
Datum | 17.04.2010 |
Region | |
Kartennummer | 1230 Guttannen |
Link zum Kartendienst |  |
Anforderung | SS+, II 5.1/E1 |
Besucherandrang | Schwach frequentiert |
Kondition | A |
Höhenmeter | 2100m 2100m |
Lawinenbulletin | gering (siehe Slf-Archiv) |
Exposition | N-NE |
Gipfel erreicht? | Nein |
Bewertung (Erlebniswert) | Deluxe! |
Vergleichstouren | Bristen |
Links | www.hikr.org/tour/post22364.html |
Beschreibung | Ritzlihorn NE-Flanke Pkt. 3110m - Skialpinismus at it's best - mit Marcel
(Ritzlihorn 3282m NE-Flanke - aufgenommen im Frühjahr 2008, damals unterwegs im Triftgebiet)
Eigentlich wollte ich heute ja wieder einmal Sportklettern gehen (mache ja nichts anderes mehr seit drei Monaten), doch Marcel konnte mich irgendwie motivieren, doch noch einmal die Skis auszugraben und eine zupfige Skitour zu unternehmen. Die Verhältnisse wären perfekt - ein stabiles Hochdruckgebiet, angenehme Temperaturen und geringe Lawiengefahr - also nichts wie los! Möglichst steil und exotisch sollte es sein, somit probierten wir uns in der imposanten Ritzlihorn NE-Flanke, mit anschliessender Kletterei über den NW-Grat Richtung Gipfel...
Start um 05:10 Uhr in Guttannen Pkt. 1057m. Im Dunkeln zuerst ca. 15 Minuten zu Fuss der aperen Fahrstrasse gefolgt an Pkt. 1184m vorbei Richtung Spreitlaui. Hier konnten wir auch schon bald die Skis und Harsteisen montieren, und in gemächlicher Steigung nach SW die Spreitlaui bis zu Pkt. 1592m hinauffellen. Hier nun in das südliche Couloir abgebogen, nach wenigen Metern aber bereits wieder in das erste auf der rechten Seite (W) sichtbare, gegen 50° steile, schmale Couloir eingebogen, welches auf den Sporn hochführt. Dieses Couloir mussten wir natürlich zu Fuss erklimmen, dies Skis somit aufgebunden und anstrengend, in entweder eisig hartem, oder dann nicht tragbarem Schnee hochgestiegen. Auf dem Sporn angekommen die Skis wieder montiert, und in immer noch sehr steilem und exponiertem Skigelände (bis zu 50°), in vielen, teils athletischen Spitzkehren auf hartem aber griffigem Untergrund, Richtung Mittelbärgli Pkt. 1898m aufgestiegen. Auf ca. 1900m dann nach links (S) abgebogen in eine Art Trichter und darüber das markante, schmale Couloir angesteuert. Dieses so weit wie möglich mit Skis hochgestiegen, diese aber bald schon wieder aufgebunden und ca 150hm das stellenweise bis zu 50° steile, enge Couloir in meist bestem Trittschnee hochgestiegen. Bevor das Couloir bei einer Art Felsriegel endet, hatten wir dieses auf ca. 2200m nach links über eine gut gangbare, 10m hohe Steilstufe verlassen.
Nun änderte das Gelände schlagartig und wir wähnten uns in einer anderen Welt - plötzlich befanden wir auf offenen, sanften Hängen, welche und perfektes Skigelände boten, dazu Pulverschnee, und die Sonne strahlte uns ins Gesicht - was für ein Kontrast, waren wir doch kurz zuvor noch in diesem engen, schattigen Schlauch gefangen! Frohgemut setzten wir somit unsere Reise fort. Wieder mit Skis unter den Füssen stiegen wir zügig, in südlicher Richtung in mässig steilem Gelände, über Lychbritter bis ca. 2400m auf, zum Anfang des markanten Couloirs, welches, gegen oben hin immer enger und steiler werdend, bis auf den NW-Grat auf ca. 2900m hochzieht. Noch einmal tief Luft holen, und dann gings ans Eingemachte: Im unteren Bereich ist das Couloir ca. 45° steil und ungefähr 20m breit, mit Skis in unzähligen Spitzkehren war es gerade so zu begehen, wenn auch eher mühsam und brutal anstrengend - die brennende Sonne und der wechselnde Schnee machten es uns auch nicht leichter! Etwa 250hm unterhalb des NW-Grates dann eine kurze Schrecksekunde, hatte sich doch plötzlich ein Skistock von mir Richtung Guttannen verabschiedet, und kam leider erst ca. 100hm weiter unten zum Stillstand. Nach einigem Hin und Her hatte ich schlussendlich entschieden, die restlichen Höhenmeter mit nur einem Stock zurückzulegen, und den verlorenen Stock bei der Abfahrt wieder einzusammeln. Somit mit nur noch einem Stock weiter aufgestiegen, was aber relativ gut ging, auch die athletischen Spitzkehren, hatte ich dies doch bei der Skitour auf das Gross Schärhorn bereits einmal geübt ;-) Ca. 150hm unter dem Grat, als das Couloir noch einmal etwas an Steilheit gewann, entschieden wir uns erneut für den Fussaufstieg, was gewiss die richtige Entscheidung war. In bestem Trittschnee erklommen wir schnaufend, aber relativ zügig die Himmelsleiter, welche uns kurze Zeit später auf ein bequemes Plateau auf den NW-Grat führte, es war unterdessen 10:20 Uhr.
Nachdem wir uns etwas erholt hatten, liessen wir hier unsere Skis und alles weitere, unnötige Gewicht zurück, und begannen mit montiertem Klettergurt, Steigeisen und Pickel bewaffnet (das 38m-Seil noch im Rucksack), die Kletterpartie über den langgezogenen NW-Grat, 10:40 Uhr. Der Grat war durchwegs sehr heikel zu begehen: Auf der NE-Seite stark verwächtet, was uns oft in die exponierte und absturzgefährliche W-Flanke ausweichen liess. Der unverfestigte Pulverschnee war stellenweise hüfttief und machte das vorankommen schwierig, der Fels war meist brüchig, instabil und mit Schnee überzogen - nicht gerade wie man sich das vorstellen würde! Trotzdem hielten wir durch und kämpften uns vorsichtig Richtung Gipfel. Bei Pkt. 3110m war dann aber Schluss, es war bereits 11:55 Uhr, und der Gipfel war noch immer in weiter Ferne, wir würden mindestens noch eine weitere Stunde brauchen, wenn nicht noch mehr, bis wir diesen erreichten! Und für den Rückweg würden wir beinahe die gleiche Zeit brauchen. Die Schlüsselstelle schien auch noch bevorzustehen, was wir so sehen konnten... Trotz Motivation und Kraftreserven liessen wir es auf Grund der genannten Gründe gut sein, und beschlossen etwas wehmütig zur Umkehr.
Nachdem wir uns etwas erholt und gestärkt hatten, machten wir uns um 12:20 Uhr an den Abstieg. Konzentriert und vorsichtig klettern wir die vielen exponierten Stellen ab. In der mit losen Blöcken übersäten, sehr ausgesetzten Schlüsselstelle waren wir letztendlich froh, das Seil dabei gehabt zu haben, und dieses um einen stabilen Block gewickelt als Geländerseil benutzen zu können - somit hatte es sich immerhin ausbezahlt, diese 3kg Zusatzgewicht die 2100hm hochzuschleppen :-)
Um 13:00 Uhr waren wir zurück beim Skidepot. Hier gönnten wir uns eine weitere kurze Pause, bevor wir uns an die Abfahrt durch das steile Couloir machten. Auf den ersten Metern gegen 50° steil, bald jedoch etwas flacher aber immer noch um die 45°, war das Couloir natürlich eindrücklich zu befahren, wobei der Schnee leider etwas zu wünschen übrig liess. Für mich war die Abfahrt etwas speziell, musste ich doch einige hundert Höhenmeter mit nur einem Stock und Pickel abfahren, bevor ich den zweiten Stock wieder einsammeln und normal weiterfahren konnte. Erst gegen Ende des Couloirs und über Lychbritter fanden wir dann besten Pulver und liessen es noch einmal richtig krachen. Das schmale Couloir zum Mittelbärgli hinunter war zwar nicht schön, aber gut und problemlos zu befahren (auch die Einfahrt über die Steilstufe war mit Skis möglich), und darunter fanden wir dann beinahe perfekten Frühjahrssulz vor. Auch die Spreitlaui war noch gut zu befahren, der Sulz zwar tief aber noch nicht bodenlos, und so wurden wir erst vom Frühling, den grünen Wiesen und blühenden Krokussen gestoppt. Nach 10-minütigem Fussmarsch erreichten wir Guttannen und unser Auto, 14:25 Uhr. Nach einer längeren Verschnaufpause gings dann nach Meiringen zum Kaffee und (Hasli-)Kuchen - das Après-Skitouring (aka Sportklettern nach Skitour) liessen wir für einmal sausen ;-)
Danke Marcel, für die Motivation und diese grosse, alpinistische Herausforderung! Vielleicht probieren wir das Ritzlihorn wieder einmal, dann ev. auf einer anderen Route?!
(Unsere ungefähre Aufstiegsroute durch die Ritzlihorn 3282m NE-Flanke - rot mit Skis, gelb zu Fuss)
Bemerkungen:
Trotz des Misserfolges am Gipfel war es eine Hammertour - eine gewaltige, kompromisslose Linie durch die steile NE-Flanke des Ritzlihorns! Das Tenue komplett ist für diese Tour zu empfehlen: Harscheisen, 2 Pickel, Steigeisen, Helm, Seil- und Sicherungsmaterial.
Für mich war dies hier eines der bisher anspruchsvollsten Unterfangen was Skitouren anbelangt: Die Tour ist vom Charakter her dem Bristen nicht ganz unähnlich, jedoch um einiges anspruchsvoller und ernsthafter - im Skiteil, aber auch was die Kletterei anbelangt.
Seit drei Monaten war ich nun nicht mehr im Schnee - der Muskelschwund (Oberschenkel, Schulter) machte sich natürlich bemerkbar, trotzdem hatte ich mich wacker geschlagen, hätte ich nicht gedacht. Zudem war es auch ein spezieller Moment für mich - meine erste Skitour als frisch gebackener Papa :-)
Frage: Gibt es jemanden da draussen, der über unsere gewählte Route schon erfolgreich den Gipfel erreichen konnte?! Marcel hat in seinem Bericht noch weitere Varianten erwähnt: 1. Westflanke aus dem Gaulikessel, 2. NE-Grat, 3. NE-Rippe zum NW-Grat, 4. NW-Grat (unsere Variante). Mehr Details dazu in seinem Bericht.
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