Beschreibung | Kl. Bockmattliturm 1750m - Direkte Westkante 7a+, 6a+A1 obl. (**) und Himmelskante 6c+, 6c obl. (***), 7 Sl. , mit Bruno
(Kl. Bockmattliturm 1750m Nord- und Westwand, schön zu sehen die Himmelskante in der Bildmitte)
Bei der Direkten Westkante handelt es sich um eine historische Route in der Westwand des kleinen Bockmattliturms, welche bereits 1958 erstbegangen wurde! Damals natürlich noch mit den Schweren und die Dachpartien wurden technisch geklettert. Heute geht das auch frei, es bedarf aber einer gehörigen Portion Kraft und Körperspannung, um dieses steile Dach an scharfen Schuppen, Löchern und Henkeln zu meistern! Die Zustiegsseillängen zu den Dächern sind weniger schön - grasdurchsetzt und stellenweise loser Fels - klassisches Bockmattligelände, wo es praktisch jeden Griff zu prüfen gilt.
Bei der Himmelskante handelt es sich um eine Variante direkt an der Kante, welche 1980 von M. Scheel und G. Benisowitsch erstbegangen wurde (Topo der Erstbegeher). Hier wurde zum ersten Mal im Bockmattli abseilenderweise ein Bohrhaken gesetzt. Die Kletterei an der Kante ist spektakulär und anspruchsvoll. Der rauhe Fels ist super kompakt und schön strukturiert. Seit der Sanierung 2004 ist die Absicherung super und es bedarf keiner zusätzlichen Sicherungsmittel, trotzdem sollte ein gewisses Kletterniveau vorhanden sein, um die manchmal zwingenden Stellen hochzukommen.
Da wir heute irgendwie keine Lust hatten allzu früh aufzustehen, hatten wir uns auf ein nahes Ziel ab Zürich geeinigt, und somit das Bockmattli angesteuert. Trotz dem Risiko, dass die Wand noch nass sein könnte, da es am Vortag noch bis in den frühen Nachmittag geregnet hatte. Wir sind um ca. 08.30 Uhr vom Parkplatz Pkt. 923m am Seeufer beim Seilbähnli gestartet, und in etwas mehr als einer Stunde auf dem verschlammten Wanderweg zur Kletterhütte Bockmattli aufgestiegen. Ein erster Blick auf den Kl. Bockmattliturm und dessen Überhänge liess nichts Gutes erahnen: Viele Wandpartien waren noch stark wasserüberzogen - ob dies wohl auch unser geplantes Ziel betreffen würde? Nun ja, erst einmal beim Kletterhüttli vorbeischauen und einen Kaffee schlürfen.
Um 10.45 Uhr sind wir schlussendlich in die Tour eingestiegen, nach dem äusserst kurzem Zustieg von weniger als fünf Minuten von der Kletterhütte hinüber zum markanten Einstiegsband - hier deponierten wir auch gleich noch unsere Schuhe.
1. Sl. 4a: Start beim Muniring vom Westwändli (angeschrieben W.W.). Auf dem Band nach links queren (T6 Gelände) bis zum ersten Bh, dann um die Kante herum zuerst etwas ab- und dann wieder hochklettern bis zu den vier dicht gesetzten Bh (Scherz?!). Nun exponiert weiter nach links queren bzw. klettern (Stelle 4a), nach einem weiteren Bh folgt dann bald schon der Stand mit Muniring.
2. Sl. 5c: Start links an einer Legföhre vorbei (diese auch zum klettern benutzt;-) auf ein erstes Grasband. Nun ein Verschneidungssystem angesteuert, wo dann auch bald einmal der erste Bh sichtbar wird. In schöner und gut abgesicherter Kletterei der Verschneidung gefolgt, bis diese zuletzt nach links verlassen wird und in grasdurchsetztem Gelände, zwischen Legföhren hindurch, das nächste Querband erreicht wird. Zum Irniger-Combistand muss schliesslich noch einige Meter nach rechts gequert werden.
3. Sl. 7a (6a+ 1.p.a.): Und nun folgte der erste Dämpfer: Die ganze Platte unter dem Bauch war wasserüberzogen, ans Onsight- oder Rotpunktklettern war nicht zu denken! Somit also die Schlingen ausgepackt und die Passage technisch geklettert, zuletzt noch etwas nach links gequert zum Stand unter dem grossen Überhang - wie schade!
4. Sl. 7a+ (5b A1): Aber es kam noch schlimmer: Tropfstein-Ambiente in der Höhle... Die Griffe sahen beim ersten Augenschein zwar gut aus, waren aber ebenfalls pflotschnass! Auch hier somit wieder übelstes Schlingengehangel von Haken zu Haken, um über den Überhang zu gelangen (die Bh stecken hier dicht beinander). Scheisse auch, anders kann man das nicht sagen!
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Ab hier verzweigen sich die Direkte Westkante und die Himmelskante - wir kletterten die Himmelskante
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5. Sl. 6a: Nun folgte immerhin eine schöne und vor allem TROCKENE Seillänge, welche für den angegebenen Schwierigkeitsgrad nicht zu unterschätzen ist - eine Einzelstelle nach dem 2. Bh verlangt Übersicht und ein gutes Bewegungsrepertoire.
6. Sl. 6c: Diese Seillänge ist nun wirklich sehr schön, anhaltend und technisch anspruchsvoll. Steil, athletisch und griffig beginnend, wird die Kletterei zusehends technischer und verlangt viel Übersicht, um die richtige Lösung zu finden! Bei der Crux im Mittelteil ist der Riss links der Kante hilfreich, das Plattenfinish zum unbequemen Hängestand hat es dann auch noch in sich...
7. Sl. 6c+: Eine weitere schöne und anspruchsvolle Seillänge. Nach einem griffigen Start folgt schon bald eine plattige Querung nach links, um mit links in einen Untergriff zu gelangen (Crux). Die Schwierigkeit hier ist, den rechten Fuss auf die zuvor gehaltene Schuppe zu stellen (Beweglichkeitsproblem). Auf den nächsten Metern bleibt die Kletterei anhaltend, technisch fordernd und verlangt viel Übersicht, bevor es dann auf den letzten Metern wieder gemütlicher wird - hier hätten wir allerdings gerne noch einen zusätzlichen Bh platziert gehabt, jänu dänn halt...
Nach einer kurzen Verschnaufpause am Standplatz hatten wir in 4x zackig und problemlos zum Wandfuss abgeseilt, und nachdem wir unsere sieben Sachen gepackt hatten, den Abstieg zum Wägitalersee unter die Füsse genommen... Wir kommen bestimmt wieder, das nächste Mal aber bei trockenen Verhältnissen!! Ein Tag zum vergessen und irgendwie schade für den Effort - hätten wir doch bloss ein südseitiges Kletterziel ausgesucht! Tja, man lernt eben nie aus...
Bemerkungen:
Der sehr schön gestaltete Kletterführer Klettern am Bockmattli von B. Kälin ist zum Selbstkostenpreis von Chf. 10.-- in der Kletterhütte Bockmattli erhältlich.
Vom Ausstieg der Himmelskante kann entweder weiter zur Westschulter aufgestiegen werden (2 Sl. leichte Kletterei in Schrofengelände, 3b), um dann durch die Klein Chälen abzusteigen. Oder aber man seilt besser mit 2x50m Seilen 4x über die Route zum Wandfuss ab.
Für die Tour sind 2x50m Seile, 10 Express und einige Bandschlingen ausreichend. Kk und Friends werden nicht benötigt, könnten in den leichteren Seillängen aber durchaus eingesetzt werden.
Nach Regen bleiben die Touren am Bockmattli längere Zeit nass, ich würde mindestens einen- oder besser zwei Schönwettertage abwarten, um in eine Tour einzusteigen, wir waren heute definitiv zu früh dran...
Das Topo von Marcel Dettling fast die beiden Touren sehr schön zusammen und ist für eine Wiederholung durchaus zu empfehlen.
Weitere Berichte über das Sportklettern am Bockmattli auf chmoser.ch.
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