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| Tourendetails Piz Bernina 4049m Westwand |
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Tourenart | Alpine Skitour |
Datum | 21.05.2011 |
Region | |
Kartennummer | SAC Skitouren Graubünden Süd, Clubführer Bündner Alpen 5, 1277 Piz Bernina |
Link zum Kartendienst | |
Anforderung | AS- 5.2/E3 |
Besucherandrang | Schwach frequentiert |
Gletscher | Vorsicht: Tour führt über Gletscher, anseilen kann erforderlich sein! |
Kondition | A |
Distanz | 20.7km
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Höhenmeter | 2200m 2100m |
Lawinenbulletin | gering |
Exposition | Alle Exp. |
Gipfel erreicht? | Nein |
Bewertung (Erlebniswert) | Deluxe! |
Beschreibung | Piz Bernina 4049m Westwand, mit Günther und Mika
(Piz Bernina 4049m Westwand - König der Ostalpen)
Piz Bernina integral - über den Morteratschgletscher rauf, und den Vadret da Tschierva runter, dies war unser ambitionierte Plan heute. Nachdem vor zwei Wochen anscheinend gute Verhältnisse in der Westwand herrschten, wollten wir ebenfalls unser Glück versuchen. In der Hoffnung, dass die Wand in der Zwischenzeit nicht allzu sehr ausgeapert haben würde...
Nach der nächtlichen Anfahrt ins Engadin sind wir schliesslich kurz nach 04.00 Uhr vom Bahnhof Morteratsch 1896m gestartet. Die Skis aufgebunden und mit Sandalen an den Füssen machten wir uns im Stirnlampenlicht auf Richtung Vadret da Morteratsch. Dem Fussweg folgend einige Kilometer bis Pkt. 2003m marschiert, dann weiter über den Gletscher, immer noch mit Sandalen an den Füssen, bis 2200m aufgestiegen (zuletzt war's dann aber etwas gar heikel rutschig). Hier fanden wir endlich eine geschlossene Schneedecke, um nach einer kurzen Pause mit den Ski's weiter aufsteigen zu können, 05.15 Uhr. Zuerst am rechten Gletscherrand eine Spaltenzone passiert, bevor wir den flachen Gletscher nach SE zum Felsausläufer der Fortezza überquerten, und über einen steilen Hang mit Harscheisen Richtung Pkt. 3087m anstiegen. Im Becken nördlich von Pkt. 3087m auf 2900m legten wir um 06.45 Uhr eine kurze Pause ein.
Anschliessend über einen weiteren steilen Hang hinauf und Pkt. 3087m östlich passiert, auf ca. 3100m dann nach SW unter den Abbrüchen hindurch Richtung Buuch gequert, einige heimtückische Spalten und dünne Brücken verlangten hier bereits grössere Vorsicht. Nachdem wenige Höhenmeter vernichtet waren, ging es über den rampenartigen Buuch hinauf auf den Gletscherrücken ca. 3300m, Ankunft 08.00 Uhr. Hier hatten wir schliesslich angeseilt, da es in der Folge einige riesige Spalten zu überqueren galt. Nachdem wir in westlicher Richtung, den Spalten ausweichend, bis auf ca. 3225m abgefahren waren, ging es Richtung SW über den eher flachen Gletscher Richtung Fuorcla Crast' Agüzza weiter. Noch unter der Lücke, auf ca. 3400m, hatten wir uns wieder losgebunden, und machten uns um 08.50 Uhr, nach einer weiteren kurzen Pause, an den restlichen Skiaufstieg. Die Fuorcla links liegen lassend, stiegen wir über den zuletzt steilen SE-Hang und dem markanten Schneedreieck bis zu den Felsen der La Spedla auf. Ankunft bei der Lücke am SE-Grat ca. 3885m um 10.00 Uhr. Im Sommer würde man hier nun weiter über die Felsen aufsteigen oder abseilen (Inschrift und Bohrhaken).
Bereits jetzt wuchsen bedrohlich nahe Cumuli in die Höhe, so früh hatten wir diese dann doch nicht erwartet! Somit nicht lange gefackelt, und nach einem kleinen Carbo-Reload um 10.20 Uhr mit aufgebundenen Skis und zwei Eisgeräten durch die exponierte E-Flanke Richtung Gipfel aufgebrochen. Zuerst mussten einige Meter den Felsen entlang traversiert resp. abgestiegen werden, bevor es über einen steilen, ziemlich ausgesetzten Firnhang hinauf ging. Der tiefe, angetaute Schnee war sehr mühsam und anstrengend zum spuren, wir kamen langsamer voran als erwartet. Meter für Meter schoben wir uns vorwärts, zuletzt in einer langen Querung über dem offenen Berschrund Richtung Spallagrat. Ständig galt es den Fokus nicht zu verlieren und konzentriert zu bleiben, der Schnee war rutschig, und manchmal trafen wir auch auf eisige Stellen, was den Einsatz der Frontzacken erforderlich machte. Um 11.25 Uhr erreichten wir schlussendlich den luftigen Grat auf ca. 4000m, in der felsigen Scharte (tiefster Punkt) zwischen dem Schneegrat und dem Felsgrat, welcher Richtung Gipfel zieht.
(Aufstiegsroute durch die Piz Bernina 4049m Ostflanke)
Zeitlich waren wir schon relativ spät dran, daher hatten wir vernünftigerweise auf den Gipfel verzichtet (was letztendlich eine gute Entscheidung war). Das Ambiente war aber auch hier grandios, untermalt von mächtigen Wolkentürmen am Himmel, das waren sehr intensive Momente! Nachdem wir eine solide Abseilstelle eingerichtet hatten (Schlinge und Haken), machten wir uns um 12.00 Uhr an die Abseilfahrt in die Westwand. Diese machte im oberen Teil einen ziemlich blanken Eindruck, wir würden sicher mehr als nur einmal abseilen müssen. Trotzdem erschien es uns sicherer über die Westwand und den Vadret da Tschierva abzufahren, als über die Aufstiegsroute zurückzukehren - am Nachmittag, bei weichem Schnee durch die Spaltenzone des Buuch zurück, lieber nicht...
Somit 1x50m über den Felskamm abgeseilt (Vorsicht Steinschlag!) bis auf den blanken Gletscher, dann noch weitere 3x50m an Eissanduhren über mehr oder weniger Blankeis abgeseilt, bis wir über den Bergschrund gelangten, und unmittelbar darunter auf 3875m die Skis an die Füsse schnallen konnten. Es war unterdessen 14.00 Uhr, leichter Schneefall hatte eingesetzt, aber glücklicherweise war die Sicht immer noch gut. Nun konnten wir es endlich krachen lassen, für diesen Moment hatten wir die ganze Mühe auf uns genommen! Das Gelände war immer noch gute 50° steil und sehr exponiert, der Blick schweifte immer wieder auf die gewaltigen Eisabbrüche der Piz Scerscen N-Wand, einfach kolossal! Die Routenfindung war auf Grund des mitgebrachten Wandfotos ziemlich problemlos, und der Schnee hatte unterdessen perfekt aufgefirnt, der Genussfaktor dementsprechend gross! Einzig auf einige weitere Bergschründe mussten wir etwas Acht geben. Rechtshaltend fuhren wir über die Westwand ab und erreichten schnell den Wandfuss auf 3500m, es war nun 14.35 Uhr, viel zu spät um hier auf dem spaltenreichen Gletscher zu stehen. Mit offenen Augen fuhren wir umgehend weiter, zuerst auf der linken Seite des Gletschers gegen den Piz Umur, anschliessend überquerten wir den Gletscher nach N auf dessen östliche, rechte Seite, und fuhren schliesslich am Gletscherrand, einen letzten Serac-Riegel passierend, bis auf 2660m hinunter (Vorsicht vor versteckten Spalten und Löchern, scary!), wo wir auf Geröllfelder und die von der Tschiervahütte kommenden Pfadspuren trafen, und so endlich aus der Gefahrenzone gelangen konnten, es war kurz nach 15.00 Uhr.
(Piz Bernina 4049m Westwand - Routenübersicht)
Nachdem sich der Adrenalinspiegel wieder etwas senken konnte, hatten wir uns um 15.20 Uhr an den langen Fussabstieg gemacht. Zuerst kurz über die Moräne zu den sichtbaren Pfadspuren aufgestiegen, danach die Cna. da Tschierva rechts liegen lassend, begleitet von strömendem Regen, ins Val Roseg abgestiegen. Immerhin hatten wir Turnschuhe/Sandalen dabei, somit konnten wir etwas angenehmer gehen. Der Rucksack war dafür umso schwerer... Auch wenn die Chancen gering, und die bequemen Pferdekutschen bei diesem Regen keine Option waren, wollten wir trotzdem unser Glück versuchen, und beim Hotel Roseg Gletscher Pkt. 1999m um eine Mitfahrgelegenheit anfragen. Kurz nach 17.00 Uhr erreichten wir das verlassene Hotel - hier war tote Hose, wie wir es erwartet hatten. Im Angestelltenhaus befanden sich jedoch einige Personen, und diese hatten wohl grosses Mitleid mit uns - für wenig Geld wurden wir kurze Zeit später zurück nach Morteratsch chauffiert, herzlichen Dank dafür! Um 17.35 Uhr waren wir zurück beim Ausgangspunkt, nach 13.5h Schinderei konnte sich der Kreis wieder schliessen. Vielen Dank Günther und Miku für die Begleitung auf dieser Hammerskitour - das war Alpinismus at it's best - und wäre in der Tat ein würdiger Saisonabschluss! Aber man weiss ja nie was noch kommt...
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GPS-Profil
GPS-Tracks
Wegpunkte
Die Wegpunkte der gesamten Tour können hier heruntergeladen werden (gpx file).
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Bemerkungen
Die Überschreitung des Piz Bernina, dem König der Ostalpen, von Ost nach West ist eine lange, anstrengende und technisch anspruchsvolle Skitour! Für ambitionierte Alpinisten aber sicher ein unvergessliches Abenteuer...
Eine schnelle Internetverbindung vorausgesetzt, können hier noch einige animierte Impressionen mitgenommen werden >>> Film ab (© Mika)
Zusätzliche Ausrüstung zum gängigen Alpinmaterial:
- 50m Halbseil + 50m Reepschnur
- Eisschrauben
- Reepschnüre, Bandschlingen
- Abalakow Hooker
- Felshaken, Klemmkeile
- 2 Eisgeräte
Webcam Diavolezza
Einen weiteren Bericht über die Skibefahrung der Bernina Westwand findet man auf Camptocamp.
Nachtrag 10.04.2014
Dass man sich bei der Querung des Buuchs anseilt sollte jedem Tourengeher klar sein! Mann passiert dort nicht nur Querspalten, sondern spaziert auch frisch fröhlich nur wenige Zentimer den versteckten Längsspalten entlang! Beachtenswert ist, dass sich am 9.4.2014, also einen Tag vor unserem missglückten Versuch, ein Spaltensturz beim Plateau nähe Marco e Rosa Hütte ereignet hatte. In diesem Abschnitt ist man oft wieder seilfrei unterwegs und fühlt sich in Sicherheit - huiii...
Wir hatten eigentlich angenommen, dass der Vadret da Morteratsch noch perfekt eingeschneit wäre, da es im Engadin diesen Winter überdurchschnittlich viel geschneit hatte. Dies war aber nicht der Fall, es waren bereits viele Spalten sichtbar, was auf eine erhöhte und kontinuirliche Windaktivität hingedeutet hatte.
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