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 | Tourendetails Rundtour Wägital-Süd (vom Redertenstock zum Wannenstöckli) |
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Tourenart | Bergwandern |
Datum | 28.06.2011 |
Region | |
Kartennummer | SAC Alpinführer Glarner Alpen, 1153 Klöntal |
Link zum Kartendienst |  |
Gestein | Kalk |
Anforderung | T6, III |
Besucherandrang | Schwach frequentiert |
Kondition | A |
Distanz | 14.6km
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Höhenmeter | 1900m 1900m |
Exposition | Alle Exp. |
Gipfel erreicht? | Ja |
Bewertung (Erlebniswert) | Deluxe! |
Beschreibung | Rundtour Wägital-Süd (Mit der direkten Überschreitung vom Redertenstock 2295m, Mutteristock 2294m, Ochsenchopf 2179m, Wannenstöckli 1988m)
Heute stand die vierte und letzte Erkundungstour im Wägital auf dem Programm. Vor dieser Etappe hatte ich grösseren Respekt, so gilt es doch einige physisch und psychisch anspruchsvolle Passagen zu bewältigen. Zwar sind die Routen und Schlüsselstellen im Internet dokumentiert - so weit so gut - aber was in der Theorie plausibel klingt, muss man dann in der Praxis dann auch dementsprechend durchzuziehen, unfallfrei und ohne Komplikationen. Ich wollte mich im Vorfeld nicht im Alleingang an diese Tour wagen, doch aus Mangel an Partnern und Termin- resp. Wetterkonflikten musste ich schliesslich trotzdem alleine losziehen - was natürlich auch einen gewissen Trainingseffekt hat...
Der Weg von Hinter Bruch Pkt. 918m bis zum Redertengrat ca. 2150m war mir von der letzten Skitouren-Saison immer noch präsent und das Gelände bestens bekannt, auch ohne vorhandener Spuren fand ich den Weg von Matt hinauf auf den Grat. Von Norden kommend kann der brüchige Gratturm in leichter Kletterei überwunden werden (T5). Vom Redertengrat erblickte ich nun den steilen Ostgrat des Redertenstocks in seiner ganzen Pracht, und sofort schoss das Adrenalin ins Blut.
(Blick vom Redertengrat auf den Redertenstock 2295m Ostgrat)
Überschreitung Redertenstock 2295m von Ost nach West
Zuerst geht's die steile, gut gestufte Grasflanke empor, bis diese schliesslich in Fels übergeht (T5). Die ersten Felsen des Ostgrates werden leicht überklettert bis man auf ein Plateau gelangt, von wo man linkerhand bereits das Gipfelkreuz erblickt. Nun wird der Grat deutlich schmaler und zackiger, diese Stelle kann man aber umgehen, indem man über ein schuttiges Band nach rechts, leicht absteigend, eine markante Rinne erreicht. Diese bietet am linken Rand die besten Griffe und Tritte, und so gelangt man schliesslich in anregender Kletterei wieder bis unmittelbar unter den Grat (III). Der folgende Gendarm, welcher den Weiterweg versperrt, kann erneut rechts herum leicht umklettert werden. Der restliche Grat bis zum Gipfel ist einfach, und schon bald erreichte ich das rustikale Kreuz.
Die Konzentration aufrecht erhaltend machte ich mich umgehend an den Abstieg über den Südwestgrat. An folgendes Zitat wollte ich mich erinnern: Abstieg etwas heikel, zuerst eher rechts, dann links vom Grat... Diese kurze aber prägnante Beschreibung von Adrian war mir äusserst hilfreich! Für mich war dies eindeutig die Schlüsselstelle der ganzen Rundtour Wägital-Süd, denn der einfachste Weg war überhaupt nicht gegeben resp. offensichtlich, das Gelände war durchwegs exponiert und der Fels stellenweise brüchig, dementsprechend vorsichtig musste man ans Werk gehen. Ich schaute somit wie vorgeschlagen zuerst etwas nach rechts, später nach links, was sich als goldrichtig erwies! Es steckten einzelne Haken, man könnte hier auch ein Seil mitführen und gegebenenfalls abseilen. Hat man einmal die Einsattelung zwischen Redertenstock Südwestgrat und Mutteristock Ostgrat erreicht, gelangt man in einfacher Kletterei über Platten und Schrofen nach rechts in den meist mit Altschnee gefüllten Schuttkessel zwischen Rederten- und Mutteristock. Hier meine ungefähre Abstiegsroute über den Redertenstock Südwestgrat (WS II).
(Blick vom Mutteristock 2294m auf den Redertenstock 2295m Südwestgrat)
Überschreitung Mutteristock 2294m von Nord nach Süd
Nach dieser heiklen Abstiegschallenge war es eine Wohltat, die Schwierigkeiten nun wieder im Aufstieg bewältigen zu dürfen. Auch wenn sich die Kletterschwierigkeiten am Mutteristock Ostgrat in Grenzen halten würden (Stelle IV), zog ich es vor, die einfachere Variante durch die nicht ganz so exponierte Rinne in Angriff zu nehmen. Ich hatte momentan einfach keine Lust auf einen weiteren Adrenalinkick. Die Grenzen zwischen Vernunft und Leichsinn sind manchmal schwer zu erkennen, aber im Gegensatz zu Tocotronic entscheide ich mich hier grundsätzlich immer für die Vernunft. Delta's Foto vor Augen stieg ich somit durch das markante Couloir ca. 40m rechts der Gipfelfalllinie hoch. Zuerst über Schutt und gut gestuftes, schrofendurchsetztes Gras, dann einzelne gutgriffige Felsen überkletternd, bis man in die schluchtartige Felsrinne gelangt, welche man in anregender Kletterei bis auf den Grat hinauf verfolgt (Plattenstelle III). Anschliessend wird noch ein griffiger Absatz überklettert, bevor man nach wenigen Metern über Karstgelände den Gipfel des Mutteristocks erreicht. Hier die ungefähre Aufstiegsroute durch die Mutteristock N-Wand (T5 III).
(Blick vom Redertenstock auf die Mutteristock 2294m N-Flanke)
Vom Mutteristock blickte ich hinüber zum Redertenstock, und konnte es fast nicht glauben, dass ich nur wenige Minuten zuvor über diesen exponierten Grat abgeklettert bin. Ich entschloss mich das Ganze später zu verarbeiten, und machte mich sogleich an den Abstieg über den bestens markierten Wanderweg, durch die eindrücklichen Karrenfelder, hinunter zur Torberglücke Pkt. 2150m (T3). Im Winter erscheint dieses Gelände durchwegs sanft hügelig, was für ein Gegensatz! Unterwegs machte ich mir so meine Gedanken: Was würde mich am Ostgrat des Ochsenchopfs erwarten, würde ich mir das überhaupt zutrauen, über das steile Gras in diesem exponierten Gelände aufzusteigen? Sollte ich nicht gleich von Vornherein über die Normalroute aufsteigen? Ich liess mich aber nicht gleich entmutigen, und wollte mir das immerhin einmal aus der Nähe anschauen, ich war ja auf Reko-Tour.
(Blick von der Torberglücke auf den Ochsenchopf 2179m, der Einstieg zum Ostgrat befindet sich links vom oberen Schneefeld)
Überschreitung Ochsenchopf 2179m von Ost nach West
Ich hatte somit den Wanderweg Richtung Schwialppass verfolgt, bis ich diesen auf ca. 1980m nach SW verlassen hatte, und über das mit eindrücklich tiefen Löchern gespickte Karstgelände die Lücke Pkt. 2065m bei Chammli erreichte (T5). Nun stand ich am Fusse des ersten von insgesamt drei Aufschwüngen, und konnte mit leichtem Erstaunen das ganze Ausmass der Exponiertheit feststellen. Die Aufstiegslinie war immerhin klar ersichtlich und schien auch nicht allzu steil, und ich hoffte auch auf die hier erwähnten Gämswechsel. Somit wollte ich es versuchen, mit dem Pickel in der Hand hatte ich ein gutes Gefühl. Das Gelände war vielleicht nicht gerade harmlos, aber dennoch stufte ich es nicht als äusserst schwierig ein. Oft halfen mir die tatsächlich vorhandenen Wildwechsel um weiterzukommen. Fast schon ein Kinderspiel, wäre da nicht die beträchtliche Exponiertheit gewesen.
Schnell erstieg ich den ersten Aufschwung, von welchem ich unschwierig über ein Grätchen an den zweiten Aufschwung gelangte. Dieser war nun etwas steiler und felsdurchsetzt, aber mit der nötigen Vorsicht trotzdem einfach zu erklettern. Erneut folgte ein schmaler und luftiger Gratabschnitt bis zu einer Scharte, welche es zu überwinden galt (Crux). Direkt abzuklettern wäre hier zu gefährlich, man kann aber einige Meter vor der Scharte rechts (nordseitig) über einen bestens gangbaren Gämspfad in diese hinunter steigen. Auf der anderen Seite ersteigt man leicht wieder den Grat und verfolgt diesen bis zum dritten Aufschwung. Dieser verlangte zuerst etwas Kletterei im schrofendurchsetzten Steilgras, bis sich der Hang schliesslich zurücklegte, und ich wenige Minuten später auf dem Gipfel stand (T6 II). Was für eine Ambiance hatte mich hier oben erwartet, gewiss verstärkt durch die Glückshormone, welche gerade am tanzen waren. Ich hatte die richtige Entscheidung getroffen, die Begehung dieses Grates gehört sicher zu den Highlights im Wägital!
(Die drei Aufschwünge des Ochsenchopf 2179m Ostgrates)
Die Schwierigkeiten waren nun mehr oder weniger geschafft, jetzt konnte ich es etwas ruhiger angehen lassen. Der Abstieg auf dem markierten, aber scheinbar nicht übermässig frequentierten Wanderweg, über die grasige SW-Flanke, und durch die schrofendurchsetzte Rinne, hinunter zu Pkt. 1781m, verlief problemlos und zügig. Nun folgte der Gegenanstieg auf dem fast schon verwilderten Wanderweg hinauf nach Durgäng, bevor ich durch hohes Gras den ersten Aufschwung des NE-Grates zum Wannenstöckli ansteuerte. Dieser ist zu Beginn ziemlich steil und kein Zuckerschlecken, nach dem bereits geleisteten erschien mir dies aber trotzdem eher wie ein Spaziergang, und so stand ich wenig später auf dem mit Placken übersäten Wannenstöckli Pkt. 1988m (T5).
Nun war es an der Zeit Land zu gewinnen, so langsam machte sich die für heute prognostizierte schwül-heisse Witterung bemerkbar. Der Übergang zum Pkt. 1987m dauerte nur wenige Minuten und vollzog sich im Schlaf (T3), der Abstieg hinunter zur Scharte Pkt. 1824m hielt sich mehr oder weniger immer dem Grat entlang, ab und zu konnte ich schwach ausgeprägten Wegspuren folgen (T2). Die Natur schien hier wieder die Oberhand zu gewinnen. Die Aussicht auf die Ganthöchi E-Flanke war prächtig! Von Pkt. 1824m stieg ich weglos nordseitig hinab zur verlassenen Oberalp Pkt. 1565m, und weiter auf dem nun markierten Wanderweg bis zu Pkt. 1490m, wo ich mich an einem willkommenen Brunnen erfrischen konnte. Nun musste ich bloss noch den Kreis schliessen, und auf dem breiten Wanderweg die restlichen Kilometer zum Seeufer absteigen (T1).
Diese Etappe war mit Abstand die schönste und eindrücklichste aller meiner Rundtouren im Wägital! Distanz- und höhenmetermässig ist es wohl der leichteste, technisch und mental aber klar der anspruchsvollste Abschnitt!
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Die Zeiten:
//Redertenstock
Start Hinter Bruch Pkt. 918m um 06.15 Uhr.
Ankunft Redertenstock 2295m um 08.25 Uhr.
//Mutteristock
Start Redertenstock 2295m um 08.25 Uhr.
Ankunft Mutteristock 2294m um 09.06 Uhr.
//Ochsenchopf
Start Mutteristock 2294m um 09.08 Uhr.
Ankunft Ochsenchopf 2179m um 10.17 Uhr.
//Wannenstöckli
Start Ochsenchopf 2179m um 10.22 Uhr.
Ankunft Wannenstöckli 1987m um 11.17 Uhr.
//Hinter Bruch
Start Wannenstöckli 1987m um 11.18 Uhr.
Ankunft Hinter Bruch um 12.23 Uhr.
Total 6h8min (1900 Höhenmeter, 14.6km Distanz)
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GPS-Profil
GPS-Tracks
Wegpunkte
Die Wegpunkte der gesamten Tour können hier heruntergeladen werden (gpx file).
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Bemerkungen:
Auch wenn die rechte der beiden Rinnen in der Mutteristock N-Flanke auf den ersten Blick einfacher und weniger exponiert ausschauen mag, ist die linke Rinne in der Tat sogar zugänglicher als die Rechte. Die Kletterstellen im III. Grad sind kurz und der Fels fest. Und es gibt keine anspruchsvolle Plattenstelle wie im rechten Couloir. Details zum Aufstieg durch das linke Couloir im Bericht der Wägital-Rundtour.
Die Begehung des Ochsenchopf E-Grates ist zwar sehr exponiert, ein Wildwechsel erleichtert den Aufstieg aber sehr und macht ihn beinahe schon zu einem Kinderspiel. Die Schwierigkeiten wären ohne der latenten Absturzgefahr nicht höher als T5 einzustufen, müssen somit aber bei T6 belassen werden. Ein Pickel verleiht hier zusätzliche Sicherheit, es geht aber auch gut ohne.
Der Gross Wannenstöckli NE-Grat wurde im Clubführer Glarner Alpen nur mit T4 bewertet, diesen würde ich jedoch mindestens als T5 einstufen. Der Grat ist zwar nicht ganz so exponiert wie am Ochsenchopf, aber trotzdem ziemlich steil, und es muss einige Male richtig zugepackt werden.
Die Hikr-Berichte und Fotos von ironknee, Delta und 3614adrian hatten zum erfolgreichen Gelingen dieser Etappe beigetragen, herzlichen Dank dafür!
Leider hatte ich heute schon wieder den Insektenspray vergessen, aber so war ich immerhin nie alleine unterwegs...
Details zur Geschichte der Wägitaler-Überschreitung - eine weitere Wiederholung schliesse ich momentan nicht aus, noch ist's aber nicht soweit...
Weitere Informationen über Monstertouren findet man hier.
Wägitaler Webcam's (mit aktuellen Wetterdaten und Zeitraffer der letzten 7 Tage!).
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