|
|
 | Tourendetails Chamonix - Envers des Aiguilles |
|
Tourenart | Alpine Klettertour |
Charakter | Mehrseillängen-Tour |
Kletterstil | Riss |
Datum | 10.08.2008 |
Region | |
Kletterführer | Envers des Aiguilles (Michel Piola), IGN 3531 ET |
Erstbesteigung | Michel Piola / Jean-Marie Schenkel 1984 (Le piège), Michel Piola / Walter Josi 2004 (Les fleurs du mal) |
Gestein | Granit |
Anforderung | Fels
|
Ernsthaftigkeit |  |
Absicherung |  |
Besucherandrang | Stark frequentiert |
Gletscher | Vorsicht: Tour führt über Gletscher, anseilen kann erforderlich sein! |
Zu- oder Abstieg | Über die Route abseilen |
Kondition | A |
Exposition | SE |
Meereshöhe | 2600 m.ü.M. |
Ideale Zeit | Frühsommer - Herbst |
Sonne |  |
Trocken bei Regen | Schnell trocken |
Gipfel erreicht? | Ja |
Bewertung (Erlebniswert) | Deluxe! |
Vergleichstouren | Orny |
Beschreibung | Envers des Aiguilles, 09.08./10.08.2008, mit Martine
Von Chamonix mit der Bahn hinauf nach Montenvers 1913m und Aufstieg zum Refuge de l Envers des Aiguilles CAF 2523m. Der Weg (Wegweiser Refuges) führt zuerst über einige Leitern hinunter zum Mer de Glace. Anschliessend auf dem teilweise von Schutt bedeckten Gletscher Richtung SE ansteigen, bis schliesslich auf der rechten Seite (im Sinne des Aufstiegs), an den plattigen Felsen, ziemlich weit oben, ein grosses, gelbrotes Viereck mit einem Pfeil sichtbar wird - dieses markiert den Aufstieg zur Envers des Aiguilles Hütte. Nachdem die vom Gletscher flachgeschliffenen Felsen über viele Leitern überwunden sind, geht es auf einem schönen Wanderweg, gelben Markierungen folgend, hinauf zur Hütte. Für die 900hm Aufstieg von Montenvers 1913m zur Envers-Hütte 2523m, benötigten wir satte 2h45min.
Nachdem wir uns erfrischt und das Gear installiert hatten, konnten wir es kaum erwarten, zum ersten Mal etwas Chamonix-Granit unter die Finger zu nehmen :-)) In nur wenigen Minuten sind wir zur Tour Verte und zum Einstieg von Le piège hinüber marschiert, welcher sich am äussersten (rechts) der 3 gut sichtbaren Pfeiler befindet - endlich konnte es losgehen! Um 12.30 Uhr sind wir in die Route eingestiegen.
Tour Verte 2760m - Le piège 6a+, 5c obl., 6Sl, 200m (***)
Ideale Warm-up Tour, welche ohne weiteres noch am Anreisetag geklettert werden kann. Es ist eine eher kurze Route mit lediglich 6 Seillängen, sie ist aber trotzdem sehr schön und lohnend zu klettern. Die Schwierigkeiten halten sich in Grenzen und die Tour ist verhältnismässig milde bewertet (ausser dem Rissdach in der 4. Seillänge, 6a+ ist hier sicherlich korrekt), doch das absichern mit Klemmgeräten muss natürlich beherrscht werden - denn die Risse müssen auf weiten Strecken selbst abgesichert werden, auf plattigen Stellen steckt zwischendurch ein solider Bohrhaken.
(Tour Verte 2760m, S-Wand - gut sichtbar die 3 markanten Pfeiler)
1. Sl. 6a+: Nach dem Einstieg über die Platte (Hosenscheisser-Variante, Bh) nach links in den steilen Riss queren, welchen man mit einigen grösseren Camalots (Gr. 4, 3, 2) gut absichern kann.
2. Sl. 6a: Zuerst einige Meter in gestuftem Gelände, dann folgt ein schöner, steiler Fingerriss (Cam. Gr. 0.4, 0.5, 0.75), zuletzt in feingriffiger Wandkletterei etwas nach rechts queren (Bh).
3. Sl. 5b: Gestuftes Gelände, zuletzt einige Risse. Auf Seilführung achten (Halbseiltechnik).
4. Sl. 6a+: Geniale, steile Risskletterei, mit einem anspruchsvollen Rissdach (kann mit einen Cam. Gr. 1 und 0.4 gesichert werden), welches rechts über die Platte und einem weiteren Riss umgangen wird. Auch hier auf Seilführung achten (Halbseiltechnik).
5. Sl. 5c: Anregende Risskletterei, mit einem genialen Überhang zum Schluss (Bh).
6. Sl. 5c: Zuerst in gestuftem Gelände leicht links halten, anschliessend plattig hinauf und über einen schönen Ausstiegsriss auf das Gipfelplateau.
Die Falle (Le piège) hatte bei uns nicht zugeschnappt (zum Glück :) - um 15.40 Uhr standen wir beide auf dem höchsten Punkt der Tour Verte, genossen die letzten Sonnenstrahlen und das fantastische Panorama des Mont Blanc Massifs - einfach grandios, so etwas erleben zu dürfen! Anschliessend gelangten wir in 6x abseilen über die Route sicher wieder an den Wandfuss, 5 Minuten später waren wir bereits wieder zurück in der Hütte :-)
Weiterführende Informationen über Le piège findest Du auf Camptocamp oder auf topoguide.de.
--
Deuxième Pointe des Nantillons 3000m - Les fleurs du mal 6b+, 6a obl, 14Sl, 450m (****)
Lange, anspruchsvolle Riss- und Plattenkletterei an perfektem Chamonix-Granit! Bohrhaken stecken hier nur auf den nicht abzusichernden Platten - einige Seillängen sowie etliche Schlüsselstellen müssen komplett selbst abgesichert werden, so zum Beispiel der 6b-Riss in der 12. Seillänge! Die Bewertung in dieser Route ist eher auf der harten Seite. Die Sonne scheint ab ca. 07.30 Uhr an den Wandfuss (anfangs August), und ab 14.00 Uhr liegt die Wand dann bereits im Schatten, vorsorglich sollten hierfür etwas wärmere Kleider mitgenommen werden.
(Die Pointes des Nantillons SE-Wände, v.l. 1ère, 2ème und 3ème Pointe des Nantillons, unser Tagesziel folglich in der Mitte)
Nach der mehr oder weniger gemütlichen Nacht und dem leider etwas mikrigen Zmorge sind wir um 06.40 Uhr Richtung 1ère Pointe des Nantillons aufgebrochen. Nur schon der Anblick dieser gigantischen Türme liess die Pulsfrequenz steigen - wir konnten es kaum erwarten! Nachdem wir den Einstieg gefunden hatten (Bh auf weisser Platte, ca. 5m ab Bergschrund), sind wir um 07.15 Uhr in die Route eingestiegen.
1. Sl. 6a+: Die erste Seillänge ist gemeinsam mit Bienvenue au Georges V. Nach einem Bh (Petzl) auf der weissen Platte folgt ein steiler, langer und selbst abzusichernder Fingerriss, welcher den Körper sogleich voll auf Touren bringt... wow! Anschliessend quert die Route nach rechts auf die Platte und folgt den Bh bis zum Stand.
2. Sl. 6b+: Während Bienvenue au Georges V gerade hoch den feinen Riss verfolgt, führt Les Fleurs du mal rechts weg auf den Pfeiler, in anspruchsvoller und luftiger Plattenkletterei, gut gesichert, A0 möglich. Anschliessend folgt noch sehr schöne Risskletterei, etwas rechts halten.
3. Sl. 6a+: Zuerst ein extrem schöner und steiler Riss zum selbst absichern, anschliessend schöne Reibungskletterei mit anspruchsvoller Querung nach rechts zum Stand.
4. Sl. 5c: Fantastische Risskletterei in einer Verschneidung, die ganze Seillänge muss selbst abgesichert werden.
5. Sl. 6a: Zuerst einige Meter anspruchsvoll auf der Platte (Bh), anschliessend folgt gestuftes und etwas grasiges Gelände - man befindet sich hier in einem breiten Couloir - bevor man zuletzt dieses Couloir nach rechts verlässt (Bh) und steil an einem Riss hochklettert bis zum Stand.
6. Sl. 6a: Geniale Kletterei entlang einiger Risssysteme! Es steckt lediglich ein Bh bei einer kurzen Linksquerung, es kann aber nebst einiger Friends sehr gut mit Zackenschlingen abgesichert werden.
7. Sl. 6a+: Schräger Riss, welcher sehr gut mit Kk und kleineren Friends abzusichern ist, der eine Bh wirkt hier schon fast störend... grandiose Seillänge!
8. Sl. 4c: Rechtsquerung, um an den Fuss des Gipfelturms der 2ème Pointe des Nantillons zu gelangen, Stand an nur einem Bh.
9. Sl. 5b: Etwas nach rechts in eine Verschneidung, dann wieder nach links und plattig hoch zum Stand.
10. Sl. 6a: Schöne Riss- und anspruchsvolle Plattenkletterei (Bh).
11. Sl. 6a: Anspruchsvoller Riss zum selbst absichern, zuletzt feingriffige Wandkletterei über einen Aufschwung (Bh), super Seillänge!
12. Sl. 6b: Fantastische Risskletterei in einer kaminartigen Verschneidung! Zuerst gemütlich an zwei Risssystemen, zuletzt dann an nur noch einem sehr steilen und anspruchsvollen Fingerriss (dieser Riss muss komplett selbst abgesichert werden, was für mich die Crux der Tour darstellte). Anschliessend folgt noch eine plattige Querung nach rechts (Bh) zum Stand.
13. Sl. 6a+: Geniale Riss- und Verschneidungskletterei, zuletzt dann luftig nach rechts auf den Pfeiler hinauf, grandios!
14. Sl. 6a+: Perfekte Plattenkletterei an aussergewöhnlichen Knobs bis auf den Gipfel (gleich zu Beginn unter dem Dach kann noch ein Cam Gr. 2 versenkt werden).
Um 14.15 Uhr, nach 14 Seillängen gigantischer Risskletterei, standen wir beide auf dem höchsten Punkt der 2ème Pointe des Nantillons, und freuten uns riesig über diesen hart erkämpften Gipfelerfolg - was für ein Tag, was für eine Kulisse!!
Die Abseilfahrt nahm dann natürlich dementsprechend Zeit in Anspruch. Zuerst gemäss Topo über die Route abgeseilt (R8 ausgelassen). Von R5 von Les fleurs du mal dann aber zu R4 von Bienvenue au Georges V, und weiter über diese Route abgeseilt bis zum Wandfuss (da wir nicht unbedingt Lust hatten auf einen Seilverklemmer in der Verschneidung, sprich der 4. Sl. der Fdm). 1h30min später erreichten wir wohlbehalten den Wandfuss und machten und kurze Zeit später auf zur Hütte, wo das Bier für uns bereits kalt gestellt wurde :-)
Da der Wetterbericht einen Wetterumschwung für Montag vorhersagte, entschieden wir uns schlussendlich, noch am gleichen Tag abzusteigen nach Chamonix. Die Montenvers-Bahn hatte um diese Zeit den Betrieb natürlich bereits eingestellt, so blieb uns nichts anderen übrig, als den ganzen Weg bis hinunter ins Tal zu tschalpen - was sich extrem in die Länge zog (4h Hütte-Chamonix) - anschliessend folgte dann noch eine halsbrecherische Autofahrt zurück in die Schweiz...
Weiterführende Informationen über Les fleurs du mal findest Du auf Camptocamp, oder auf topoguide.de.
Bemerkungen:
Die Envers des Aiguilles sind ein wahres Mekka für lange und anspruchsvolle Granit-Klettereien, über 100 Mehrseillängen-Routen, die meisten von Michel Piola erstbegangen oder saniert, sorgen für unvergessliche Tage! Die Routen rund um das REFUGE DE L’ENVERS DES AIGUILLES sind alle in wenigen Minuten Zustieg erreichbar, und ab 7 Uhr sind bereits viele Einstiege von der Sonne beschienen.
Sämtliche Touren wurden mit einem Minimum an Bohrhaken eingerichtet. An Rissen oder Stellen, wo selbst gelegt werden kann, stecken keine Bohrhaken - es kann also gut sein, dass ein lange, anstrengende Risspassage vollständig selbst abgesichert werden muss! Plattenpassagen oder Stellen, welche nicht selbst abgesichert werden können, sind mit Bohrhaken versehen. Die Standplätze sind in der Regel mit zwei Bohrhaken und Schlinge ausgerüstet. Alle Touren sind bestens zum Abseilen eingerichtet.
Material - Allgemein:
Ein vollständiges Set Klemmkeile und Camalots Gr. 0.3 bis 3 (ev. sogar 4) sind Pflicht. Je nach Route, Vorstiegsniveau und gewünschter Sicherungsabstände empfiehlt es sich, ein zweites Set Camalots mitzunehmen. Auch Zackenschlingen können immer mal wieder eingesetzt werden.
Material - Le piège:
Camalots Gr. 0.3 bis 4 (mittlere Grössen ev. doppelt), Zackenschlingen.
Material - Les fleurs du mal:
Klemmkeile, Camalots Gr. 0.3 bis 3 (mittlere Grössen ev. doppelt), 12 Express, Zackenschlingen.
Die Einstiege zur Tour Verte sind schneefrei, im Zustieg zur Première/Deuxième Pointe des Nantillons sind einige Schneefelder zu queren, die Randkluft ist aber problemlos. Steigeisen momentan nicht zwingend, ein Pickel ist aber durchaus ratsam. Die Zustiege zu weiteren Touren im Gebiet führen oftmals über Gletscher, dort ist eine Gletscherausrüstung unabdingbar! Speziell später in der Saison sind die Einstiege oft blank und unüberwindbare Randspalten versperren den Weg!
Für den Zustieg zur Envers-Hütte können Steigeisen durchaus hilfreich sein (Mer de glace) - es geht aber auch ohne. Die Hütte ist eher klein und etwas beengend (Schlafräume), WC ok, das Essen ist gut und reichlich (inkl. super Dessert), die Preise schweizerisch durchschnittlich, fliessend Wasser ist vorhanden, das Trinkwasser ist gratis! Vergünstigungen in der Hütte für CAF- oder SAC-Mitglieder. Rund um die Hütte (v.a. etwas unterhalb) wird oft biwakiert.
Mehr Infos:
- Refuge de l Envers des Aiguilles CAF 2523m.
- Beste Wettervorhersage für Chamonix unter Meteo Chamonix.
- Den Sommerfahrplan Chamonix-Montenvers 1913m findest Du hier.
- Weitere Fotos der Envers des Aiguilles.
- Weitere Infos und Fotos findet man auch auf topoguide.de.
 |
Bewertung (Klettertour) | * = Wenn man nichts Besseres zu tun hat! ** = Nicht sehr interessante Route *** = Schöne Route, empfehlenswert! **** = Sehr schöne Route, nicht zu versäumen! |
|
|
|
|