Beschreibung | Waldeckspitze - Magirus 7a (***), 5 Sl., 6b obl., mit Martin
(Waldeckspitze - im schattigen Wandbereich verläuft die Route Magirus)
Der Fels an der Waldeckspitze ist von absolut bester Qualität. Scharfer, rötlicher Tropflöcherfels lässt die Haut bald dünner werden. Dazwischen finden sich auch immer wieder grosse Löcher, welche oft auch als Seit- oder Untergriffe verwendet werden müssen. Dieses Gebiet ist ein MUSS für Liebhaber von steilen, technischen Tropflochklettereien.
Zustieg vom Parkplatz Chli Sattel (zuerst auf einer Alpstrasse, anschliessend auf rot-weissem Wanderweg) bis zur Waldeckspitze in ca. 45 Minuten. Um 11.30 Uhr sind wir mit etwas müden Armen eingestiegen in die 4-Sterne-Tour Magirus:
1. Sl. 6c: Zuerst technische Kletterei an kleinen und grossen Tropflöchern, zuletzt athletische Ausdauer an Untergriffen und über den Wulst hoch zum Stand.
2. Sl. 7a: Vom Stand weg ein etwas weiter Zug nach links an den Henkel, anschliessend technische, teils sehr feingriffige und homogene Kletterei an messerscharfem Tropflochfels, zuletzt dann etwas leichter nach links zum Stand.
>> Zu Beginn etwas links halten!
3. Sl. 6b+: Sehr schöne Kletterei im klassischen Remy-Stil, d.h. im oberen Teil dieser Seillänge muss einige Male rechts um den Bh. herum geklettert werden (anspruchsvoll). Der Ausstieg dann hart nach links auf das Grasband (Markierung Magirus beachten!).
>> Im oberen Teil folgt ein harter Zug von einem Monoloch rechts an den Henkel links, finde ich eher streng für 6b+...
4. Sl. 6c: Die beste Seillänge durch diese vermeindlich glatte, grifflose Knallerplatte! Beim klettern findet man dann aber immer wieder gute, positive Löcher und fantastische Piazrisse zum ziehen und spreizen, einfach super! Zuletzt dann noch luftig am Pfeiler bis zum Stand.
5. Sl. 6b: Zuerst technische Reibungskletterei mit heikler Querung nach links aufs Band, anschliessend athletische Verschneidung mit brüchigem Ausstieg.
>> Ausser einem Hänger in der Schlüsselseillänge eine saubere Begehung meinerseits - Martin konnte diese Seillänge im Nachstieg sauber durchsteigen, Gratulation :-)
Nach wenigen Metern über einige Blöcke konnten wir uns um etwas nach 15.00 Uhr zum Gipfelerfolg gratulieren, und bei herrlichem Sonnenschein das fantastische Gastlosen-Ambiente geniessen. Von hier hat man u.a. auch einen genialen Einblick in die eindrückliche Grand Pfadflue Nordwand.
Abgeseilt hatten wir dann versehentlich über die an den Ständen eher schlecht ausgerüstete Voie Loretan anstatt über die zum abseilen eingerichtete Route Totem Pole. Schlussendlich gelangten wir dann aber doch noch an den Wandfuss, und konnten endlich unsere bereits trockenen Kehlen befeuchten und die knurrenden Mägen stillen.
Während dem Abstieg Richtung Chli Sattel konnten wir uns kaum sattsehen an den eindrücklichen Nordwänden der Gastlosenkette - dutzende Touren warten auf weitere Begehungen...
Bemerkungen:
Die Bewertung in den Gastlosen ist im Allgemeinen um einiges härter als in anderen Gebieten - es kann meist gut ein Franzosengrad dazu gerechnet werden!
Magirus ist homogen schwierig und verläuft in meist perfektem, wasserzerfressenem Fels. Besonders die 4. Seillänge, welche durch die eindrücklich steile Knallerplatte führt, ist sehr eindrücklich und fantastisch zum klettern! Die letzte Seillänge, die logische Fortsetzung einem Risssystem folgend, ist nicht wirklich schön und der Ausstieg sogar ziemlich heikel (brüchig). Die Tour ist sehr gut abgesichert und verlangt kein zusätzliches Material. Die vielen Touren und Bohrhaken in der Wand verlangen ein genaueres Routenstudium, das Topo sollte immer mal wieder zu Rate gezogen werden, ansonsten befindet man sich schnell in einer anderen Tour! Dank nordseitiger Exposition der letzten zwei Seillängen kann man diese Tour lange im Schatten klettern.
Material: Ein 70m Einfachseil ist ausreichend und komfortabel zum klettern, zum abseilen sind 50m-Halbseile vorteilhaft... Zusätzliche Sicherungsmittel sind für diese Tour nicht notwendig.
Mehr Infos zu den Gastlosen gibt es bei Gastlosen.ch und Grimper.ch.
Webcam Region Gastlosen.
Der Band Sportklettern im Berner Oberland von Hans Grossen, welcher seit 2010 im Buchhandel erhältlich ist, beschreibt nebst den bekannten Klettergebieten (wie den Gastlosen) auch viele unbekannte Gebiete, versorgt den Leser mit vielen Hintergrund- und Detailinformationen, befasst sich mit der Erschliessungsgeschichte und stellt lokale Klettergrössen vor. Das Buch ist liebevoll gemacht und ist jedem zu empfehlen, der im Berner Oberland (oder speziell in den Gastlosen) gerne Fels unter die Finger kriegt, und nebst Routen konsumieren auch noch historisches zum Gebiet erfahren möchte.
Weitere Berichte zu Klettertouren in den Gastlosen auf chmoser.ch.
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