Beschreibung | Auf den Stöcken (Schafberg) 2591m, Obere Bielenlücke 3248m, Chli Bielenhorn 2940m - mehr als eine Verlegenheitstour!
(Gipfelkreuz vom Schafberg, im Hintergrund Tiefengletscher, mit Bielenhörnern und Galenstock)
Für heute war Hochnebel bis auf 2000m vorhergesagt. Somit stand eine Voralpentour für einmal ausser Frage. Stattdessen machte ich mich auf ins Urseren, meist ein sicherer Wert in Sachen Schnee und Sonne, und man findet auf kleinstem Raum eine grosse Anzahl schöner Tourenziele.
Um 08.15 Uhr bin ich vom beinahe leeren Parkplatz in Realp 1540m gestartet, die Temperaturen lagen bei frostigen -10 Grad, die Sonne versteckte sich hinter einer dicken Nebelschicht. Geplant waren Galenstock und Chli Bielenhorn (siehe Bericht), mit einem kurzen Abstecher über den Schafberg, Steigeisen und Pickel waren somit mit im Gepäck. Auf einer guten, griffigen Spur zügig am Hotel Galenstock vorbei und rechts abgebogen Richtung Norden gegen die Ochsenalp. Auf 2400m hatte der Nebel dem stahlblauen Himmel Platz gemacht, jetzt kam endlich Stimmung auf! Schliesslich erreichte ich in wenigen Minuten den Schafberg/Auf den Stöcken Pkt. 2591m. Von hier geniesst man eine super Aussicht, u.a. auf den Tiefengletscher, mit Bielenhörnern und Galenstock (Bild oben). Im unteren Abschnitt des Tiefengletschers konnte ich einen Skitourengeher ausfindig machen, welcher sich im Aufstieg Richtung Galenstock oder Obere Bielenlücke befand, ansonsten aber keine Menschenseele weit und breit.
Nach einigen Fotos und einem Schluck aus der Flasche machte ich mich bereits wieder auf die Socken, und bin, ohne die Felle abzuziehen, mehr oder weniger horizontal über den verwechteten Grat zur Albert-Heim Hütte 2542m hinüber gequert. Von dort einige Meter nach Westen gegen den Tiefengletscher abgefahren, wo ich auf ca. 2470m auf die vom Tätsch kommende Aufstiegsspur gestossen bin. Der Spur folgend über den perfekt eingeschneiten Tiefengletscher zuerst flach, dann homogen ansteigend, Richtung Obere Bielenlücke 3248m hochgefellt. Inzwischen hatte ich zum erwähnten Tourengänger aufgeschlossen, und durfte nun die weitere Spurarbeit verrichten. Mitten auf dem Gletscher hatte es wie aus heiterem Himmel stark zu winden begonnen, dieser Sturm liess die bereits eisigen Temperaturen noch tiefer in den Keller fallen, und die Wechten am Galenstock waren von riesigen Windfahnen gezeichnet. So hatte ich kurzfristig umdisponiert, und wollte mich mit der Oberen Bielenlücke 3248m zufrieden geben. Ich verspürte wenig Lust, am exponierten Nordgrat dem Sturm zu trotzen. Dies war letztendlich eine sehr gute Entscheidung, da es in der Lücke dann praktisch windstill war, und der spitzige Felskopf trotzdem das Gefühl eines schönen Gipfels vermittelt hatte.
(Obere Bielenlücke 3248m)
Auch wenn es noch so schön war hier oben, es war auch bitter kalt und trotzdem windig, man tat gut daran in Bewegung zu bleiben um nicht auszukühlen. Die Felle somit verstaut (in wärmender Körpernähe) und wenig später an die Abfahrt gemacht. Obwohl der Wind dem Pulver einen leichten Deckel verabreicht hatte, waren die Abfahrtsbedingungen noch erstaunlich gut, und so konnte ich bis hinunter ins Gletscherbecken 2535m eine perfekte Abfahrt geniessen. Nach einem kleinen Carbo-Reload noch einmal angefellt, und Richtung Untere Bielenlücke resp. Chli Bielenhorn hochgespurt. Ich hatte natürlich schon lange bemerkt, dass in den N-Hängen vom Chli Bielenhorn noch keine Spuren drin waren, dies sollte bald Vergangenheit sein. Nach etwas mehr als einer halben Stunde erreichte ich den Gipfelkopf des Chli Bielenhorns, und gelangte in wenigen Schritten über die Felsstufe (Crux), welche neuerdings mit einer Kette entschärft wurde, auf den höchsten Punkt. Hier war es endlich einmal windstill und dementsprechend angenehm zu verweilen, zudem durfte ich den ansonsten gut besuchten Gipfel ein weiteres Mal für mich alleine in Anspruch nehmen.
Wie vorher bereits beschlossen, wollte ich nun nicht entlang der Aufstiegsspur, sondern über die schönen N-Hänge zum Tiefengletscher abfahren. Somit bin ich, möglichst die Höhe haltend, einer festgefrorenen Spur gefolgt, um über den scharfen NE-Grat schliesslich den Pkt. 2827m zu erreichen. Kurz vor der Lücke musste südseitig ein Turm umfahren werden, das war eine spannende Geschichte! Dann konnte es losgehen: Die erste Spur in formidabel konserviertem Pulver von oben bis unten, der verdiente Lohn für die vielen Laufmeter! Leider war der Spass bald vorbei, und bald schon galt es, den kurzen Gegenanstieg zu Pkt. 2534m in Angriff zu nehmen. Anschliessend folgte eine weitere Hammerabfahrt via Älpetli, in gut gesetztem Pulverschnee, bevor es auf ca. 2300m wieder unter die Nebeldecke ging und man bisweilen froh war, alten Spuren folgen zu können bis hinab zur Passstrasse Pkt. 2126m, unmittelbar neben dem Hotel Tiefenbach. Nun alles entlang der Strasse, zuletzt bei leichtem Schneefall, nach Realp zurückgefahren.
//Fazit:
Obwohl eigentlich der Galenstock auf dem Plan gestanden hätte, war ich schlussendlich froh, spontan die richtige Entscheidung getroffen zu haben, um dem Sturm auszuweichen und stattdessen die Obere Bielenlücke anzusteuern - war für mich immerhin eine Premiere ;-) Die First Line am Chli Bielenhorn war ein weiterer Höhepunkt, die Variante über den NE-Grat Pkt. 2827m zu erreichen war spannend und cool, so konnte der N-Hang anschliessend in Falllinie abgefahren werden.
(Chli Bielenhorn 2940m)
// Die Zeiten:
Start PP in Realp 1540m um 08.17 Uhr.
Gipfel Schafberg/Auf den Stöcken 2591m um 09.36 Uhr.
Start Tiefengletscher 2470m um 09.52 Uhr.
Ankunft Felskopf Obere Bielenlücke 3255m um 11.05 Uhr.
Abfahrt Obere Bielenlücke um 11.17 Uhr.
Ankunft Tiefengletscher 2535m um 11.30 Uhr.
Start Tiefengletscher 2535m um 11.38 Uhr.
Ankunft Chli Bielenhorn 2940m um 12.15 Uhr.
Abfahrt Chli Bielenhorn 2940m um 12.30 Uhr.
Kurzer Gegenanstieg und Abfahrt über Älpetli.
Ankunft Realp 1540m um 13.22 Uhr.
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GPS-Profil
GPS-Tracks
Wegpunkte
Die Wegpunkte der gesamten Tour können hier heruntergeladen werden (gpx file).
Bemerkungen:
Die Obere Bielenlücke 3248m ist nicht nur ein schönes Verlegenheits- oder Ausweichziel (bei erheblicher Lawinengefahr, starkem Wind, schlechter Kondition, usw.), sondern kann auch gut und gerne als eigenständiges Tourenziel betrachtet und angegangen werden. Der Felskopf wenige Meter südlich der Lücke vermittelt sogar das Gefühl, einen richtigen Gipfel bestiegen zu haben. Zudem ist der Aufstieg zur Oberen Bielenlücke an der Sonne, während man sich Richtung Chli Bielenhorn länger im schattigen Tal aufhält.
Bei sicheren Verhältnissen, sprich bei mässiger Lawinengefahr, lohnt es sich, vom Gipfel des Chli Bielenhorns zuerst etwas nach NE zu traversieren, um schliesslich über die schönen, bis zu 35 Grad steilen N-Hänge Richtung Tiefengletscher abzufahren.
Das Lawinenbulletin lag heute auf mässig für Trieb- und Altschnee ab 2200m in Expositionen W-N-E.
Webcam Albert-Heim Hütte SAC 2542m: klick!
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