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| Tourendetails Vorder Glärnisch 2327m via Schwösteren 1948m |
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Tourenart | Bergwandern |
Datum | 15.07.2014 |
Region | |
Kartennummer | SAC Alpinführer Glarner Alpen, 1153 Klöntal |
Link zum Kartendienst | |
Gestein | Kalk |
Anforderung | T6, III |
Besucherandrang | Schwach frequentiert |
Kondition | A |
Distanz | 14km
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Höhenmeter | 1740m 1740m |
Exposition | N |
Gipfel erreicht? | Ja |
Bewertung (Erlebniswert) | Deluxe! |
Beschreibung | Vorder Glärnisch 2327m via Schwösteren 1948m, mit Stefan
(Der untere Teil des Vorder Glärnisch NE-Grates im Profil)
//Motivation
Der Sommer war unterdessen ins Land gezogen und ich hatte es noch immer nicht geschafft, die Wanderstiefel zu schnüren um in unbekanntes Land aufzubrechen. Stattdessen bin ich, meist auf bekannten Wegen, viel in der Gegend rumgerannt. Doch dies sollte sich heute ändern. Zusammen mit Stefan wollten wir den Vorder Glärnisch über die Schwösteren besteigen. Sie kann als knackige Wildheuertour bezeichnet werden, welche auf's Jahr verteilt jeweils nur wenige Begehungen aufzuweisen hat. Für mich absolutes Neuland, anders für Stefan, als Lokalmatador war er bereits einmal über diese Route hochgestiegen. Er hatte im Vorfeld jedoch klargestellt, dass wir wohl trotzdem noch etwas suchen müssten, da die Routenfindung nicht immer offensichtlich sei. Das war mir natürlich mehr als recht, wenn die Geschichte nicht gleich tellerfertig serviert würde.
//Tour
Nachdem wir zusammen zum Ausgangspunkt beim Zivilschutzzentrum Unter Sagg Pkt. 645m hochgefahren waren, konnte es wenig später losgehen. Wir hatten uns trotzdem für leichte, stark profilierte Trailrunningschuhe entschieden, im steilen Gras und auf Fels die bessere Wahl als die klobigen, schweren Bergschuhe. Letztere machen meines Erachtens nur Sinn bei viel Geröll oder hartem Altschnee, wenn Kantenstabilität gefragt ist, oder falls man Angst um seine Knöchel hat.
Entlang einer eingefassten Quelle querten wir das Wäldchen, bis wir das markante Bachbeet (Wuestrus) erreichten, den eigentlichen Ausgangspunkt der Tour. Nun galt es das Bachbeet zu verfolgen, bis man dieses nach links verlässt und auf ein gutes Weglein trifft (Steinmann). Diesem Weg (Pandurenweg?) folgen (rote Markierungen), bis er im Wald horizontal deutlich nach links quert. Hier den Weg verlassen und direkt über den Sporn aufs Stöckli Pkt. 1000m steigen. Obwohl sich die Schwierigkeiten hier noch in Genzen halten, müssen trotzdem bereits einige kleine Felsstufen erklettert werden, Wurzeln dienen zur Fortbewegung.
(Mysty Mountains - oder Berg-Gorillas im Nebel)
Nun begann das eigentliche Abenteuer, das Gelände wurde steiler und ernsthafter. Im Steilgras kämpften wir uns ausgesetzt zwischen den Bäumchen empor, überwanden einige Felsstufen und hangelten uns zwischen den Legföhren hindurch. Durch die Niederschläge war der erdige Boden stark durchnässt und rutschig, Vorsicht war geboten! Das nasse, kniehohe Gras war allerdings sehr griffig und zuverlässig. Immer wieder halfen uns Wildwechsel und Trittspuren auf die Sprünge, um den Weg zu finden und schlussendlich wohlbehalten auf den Forenstock Pkt. 1485m zu gelangen. Auch fanden wir einige abgeschnittene Äste, die uns in unserer Routenwahl bestätigten.
Vom Forenstock Pkt. 1485m galt es auf einer schmalen, stark aufgeweichten und stellenweise abgerutschten Wegspur (Wildwechsel) die hintere Grasflanke zu erreichen. Für einige Meter quert man hier sehr ausgesetzt über einer klaffenden Schlucht, welche hunderte Meter weiter unten in der Wuestrus mündet. Wir empfanden diese Stelle als eine der heikelsten der ganzen Tour! Nun querten wir die Grashalde horizontal nach Westen um den Sporn herum und stiegen in der Folge einige Meter ab, bis wir in mässig steilem, ja fast schon gutmütigem Gelände wieder hochsteigen konnten, und nach einigen felsdurchsetzten Abschnitten erneut den Grat zu unserer Linken erreichten.
Unterdessen hatten wir die Nebelgrenze erreicht. Zwischen dem Nebel hatten die vielen Felsformationen hervorgeschaut, und der sowieso bereits sehr eindrücklichen Szenerie eine mystische Note verliehen. Immerhin konnten wir ab und an einen Blick auf die Schwösteren Pkt. 1948m werfen, damit wir uns einigermassen orientieren konnten. Es wurde nun zusehends mühsam. Die Vegetation hatte hier klar die Oberhand gewonnen, und körpergrosses Tros (Erlengebüsch) und Farn in den Weg gestellt. So blieb uns nichts anderes übrig als dem Dschungel den Kampf anzusagen, ich verfluchte mich die Machete zuhause gelassen zu haben. Trotzdem liessen wir uns nicht verleiten bereits früh in die Flanke zu queren um eine der freigelegten Runsen zu ereichen, sondern stiegen linkshaltend weiter über den Sporn gegen die Felsen zu, da wir dort ebenfalls eine Lichtung meinten. Wenig später wurden wir in unserer Vermutung bestätigt, das Tros und Farn waren verschwunden, und so konnten wir nun ebenfalls bequem nach rechts die Flanke queren, um wenig später die Scharte bei den Schwösteren Pkt. 1948m zu erreichen.
(Wunderbare Tiefblicke - im Vordergrund die Schwösteren Pkt. 1948m)
Hätte mich Stefan nicht darauf aufmerksam gemacht, das zur Schwösteren Pkt. 1948m hoch ein Drahtseil montiert sei, wäre ich wohl einfach daran vorbeispaziert, zu sehr hatte ich mich bereits auf die steile Grasflanke fixiert, welche es im weiteren Verlauf zu erklettern galt. Aber so nahm ich die Einladung natürlich dankend an, dem Drahseil zu folgen und in wenigen leichten, dafür ziemlich exponierten Kletterzügen (III) die Gipfelabdachung zu erreichen. Anschliessend gelangte ich linksherum in wenigen Schritten zum höchsten Punkt der Schwösteren. Das sich dort sogar ein Gipfelbuch befinden würde hatte ich erst später auf Hikr erfahren, ansonsten hätte ich mich wohl eingetragen. Während Stefan in der Scharte gewartet hatte, genoss ich, vollgepumpt mit Adrenalin, diesen stillen Augenblick für mich, bevor ich mich vorsichtig an den Abstieg machte. Mittlerweile wurde Stefan von 3 aufmüpfigen Gemsen attackiert, so dass auch er seine Extraportion Adrenalin abbekommen hatte.
Wieder vereint in der Scharte hatten wir nun eine sehr steile, aber gut gestufte Grasflanke zu ersteigen - Steilgrasklettern vom allerfeinsten! Weit unter uns Glarus und der Zigerschlitz, ein unbeschreibliches Gefühl von Freiheit übermannte uns, einfach grossartig hier oben stehen zu dürfen! Weiter folgten wir mehr oder weniger dem Grat, umgingen einen ersten Aufschwung links, bis wir zu einem weiteren felsigen Aufschwung gelangten, welchen wir direkt oder leicht rechts ausweichend erkletterten (II). Und nun trennte uns bloss noch ein letzter Aufschwung vom höchsten Punkt. Wir nahmen den Gipfelaufbau ziemlich direkt in Angriff: kletterten einige plattige Felsen empor in die Rinne bis zu einem Klemmblock, unter welchem wir uns gerade noch so durchquetschen konnten. Anschliessend fehlten bloss noch einige Kletterzüge, und wir konnten uns zum Gipfelerfolg die Hände reichen. Es bestünde gemäss diesem Bericht auch die Möglichkeit, den Gipfelaufbau links zu umgehen bis zur Scharte, und von dort auf den Gipfel zu steigen.
(Der Gipfelaufbau des Vorder Glärnisch 2327m)
Nach einer ausgiebigen Pause machten wir uns an den eher eintönigen Abstieg über Gleiter nach Hinter Saggberg. Das einzig schöne waren Vrenis Anblick und der Tiefblick hinunter zum Klöntalersee, wir konnten es kaum erwarten unsere Füsse ins kühle Nass zu halten. Im Bereich von Stäfeli und der Drachenhöhle konnten wir viele Feuerlilien bestaunen. Geraume Zeit später, als wir endlich beim Camping Güntlenau Pkt. 851m am Klöntalersee eintraffen, schnappten wir uns am Kiosk ein kühles Getränk, um am Seeufer zu chillen und das verdiente Fussbad zu geniessen.
Es brauchte viel Wille und Mut, um aus der Entspannungsphase auszutreten und den Rückweg nach Glarus anzutreten. Der Löntsch folgend stiegen wir Richtung Glarus ab. Unterwegs wurde mir noch die eindrückliche Löntschtobelbrücke vorgestellt - unscheinbar aber sehr spektakulär - ein gefährlicher Ort für gebrochene Herzen... Wenig später schloss sich der Kreis, als wir das Zivilschutzzentrum Unter Sagg Pkt. 645m erreichten. Ein ausgiebiger und wunderbarer Tag neigte sich dem Ende zu.
(Unter dem Klemmblock hindurchgeschlüpft)
//Fazit
Grossartige Rundtour all inclusive, und dies vor den Toren Zürichs! Wurzelkletterei auf's Glarner Stöckli Pkt. 1000m, Steilgras-, Fels- und Legföhrenkletterei auf den Forenstock Pkt. 1485m, Tschungelfeeling und Kampf durch körpergrosses Tros (Erlengebüsch) und Farn Richtung Schwösteren, kurze, aber gehörig exponierte Felskletterei auf die Schwösteren Pkt. 1948m, Steilgraskletterei und Felskletterei auf den Vorder Glärnisch 2327m. Abgerundet wurde das Erlebnis durch das kühle Fussbad im malerischen Klöntalersee, herrlich! Die technischen Schwierigkeiten würde ich in etwa mit dieser Tour vergleichen, ein humanes T6 also, wobei hier die Wegfindung doch um einiges komplexer ist. Mehr dazu im Abschnitt Schlüsselstellen.
Danke Stefan für die Begleitung und tolle Führung durch Deinen Vorgarten. Endlich hatte es geklappt mit uns, vielleicht/hoffentlich passt es bald wieder einmal...!
//Schlüsselstellen
- Glarner Stöckli Pkt. 1000m: Vereinzelt Trittspuren, Wurzel- und Felskletterei, T5, I.
- Forenstock Pkt. 1485m: Ausgesetzte Steilgras- und Legföhrenkletterei, kurze Abschnitte im Fels, Wildwechsel und Trittspuren erleichtern die Wegfindung, T6, II.
- Schwösteren Scharte 1920m: Hauptsächlich Steilgraskletterei, wenig Felskletterei, komplexe Routenfindung, T6, II.
- Schwösteren Pkt. 1948m: Kurze, exponierte Felskletterei entlang einem Fixseil (Drahtseil, montiert an 3-4 Normalhaken, mit Vorsicht zu geniessen: klick!), T6, III.
- Vorder Glärnisch 2327m: Gut gestufte Steilgraskletterei (gegen 60°), Felskletterei am Gipfelaufbau, T6, II.
//Ausrüstung
- Gute Bergschuhe, oder besser stark profilierte Turnschuhe (Vibramsohle o.ä.).
- Ein Helm kann sicher nicht schaden, ist meines Erachtens allerdings nicht zwingend.
- Ev. Pickel (Im Frühsommer oder Spätherbst, wenn das Gras nicht oder schlecht zur Fortbewegung benutzt werden kann).
//Die Zeiten:
- Start Zivilschutzzentrum Unter Sagg Pkt. 645m um 09:08 Uhr.
- Pause Forenstock Pkt. 1485m um 10:50 Uhr.
- Start Forenstock Pkt. 1485m um 10:55 Uhr.
- Ankunft Vorder Glärnisch 2327m um 13:22 Uhr.
- Start Vorder Glärnisch 2327m um 13:29 Uhr.
- Ankunft Klöntalersee Camping Güntlenau Pkt. 851m um 15:22 Uhr.
- Start Klöntalersee Camping Güntlenau Pkt. 851m um 15:53 Uhr.
- Ankunft Zivilschutzzentrum Unter Sagg Pkt. 645m um 17:00 Uhr.
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- Total ohne Pausen: 7h09min
- Total mit Pausen: 7h52min
(Kneippen im Klöntalersee)
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GPS-Tracks
Wegpunkte
Die Wegpunkte der gesamten Tour können hier heruntergeladen werden (gpx file).
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Bemerkungen:
Weitere Begehungsberichte zum Vorder Glärnisch via Schwösteren findet man hier und da. "Die Route sollte nur bei trockenen Bedingungen begangen werden." Naja, bei uns war im unteren Abschnitt so ziemlich alles nass und der Boden stark aufgeweicht, nur die Felsen waren trocken. Trotzdem konnten wir problemlos über die steilen Grasplanggen hochkraxeln. Somit würde ich etwas präzisieren: Bei Regenwetter oder nassem Fels nicht zu empfehlen!
Im Abschnitt zwischen Forenstock und Schwösteren können diverse Aufstiegsmöglichkeiten gewählt werden, und auch am Gipfelaufbau des Vorder Glärnisch sind mindestens zwei verschiedene Varianten möglich: entweder man umgeht den Gipfelturm links bis zur Scharte (grosser Überhang mit Biwakplatz), und steigt von dort auf den Gipfel, oder dann direkt weiter über den Grat, durch eine Rinne unter dem Klemmblock hindurch (die von uns gewählte Variante).
Eine Routenbeschreibung aus der 10. Auflage des SAC-Alpinführers Glarner Alpen von Peter Straub findet man hier (Seite 11 f.): klick!
Falls man sich über den Felssturz am Vorderglärnisch informieren möchte, sollte man sich dieses historische Werk zu Gemüte führen (Seite 38 f.): klick!
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